Agent 365: Wie Microsoft die Arbeit in Steuerkanzleien verändern wird

Updated on
Agent 365: Wie Microsoft die Arbeit in Steuerkanzleien verändern wird

Die Steuerbranche steht vor einer technologischen Zäsur. Microsoft hat auf der Ignite 2025 Agent 365 vorgestellt – eine Plattform, die KI-Agenten erstmals wie „digitale Mitarbeitende“ verwalten lässt. Was nach Zukunftsmusik klingt, ist in Wahrheit der erste ernstzunehmende Schritt in Richtung vernetzter Prozessautomatisierung.

Und: Steuerkanzleien gehören zu den größten Profiteuren dieser Entwicklung.

Was ist Agent 365 überhaupt?

Bisher gab es Copilot, einzelne Tools, Automatisierungen und ein stetig wachsendes KI-Ökosystem. Agent 365 bringt nun Struktur in dieses Bild:

  • KI-Agenten erhalten eine eigene Identität über Microsoft Entra ID.
  • Zugriffe werden kontrolliert, protokolliert und auditierbar.
  • Daten aus Microsoft 365 – etwa Outlook, SharePoint, OneDrive, Teams oder Word – werden über neue MCP-Server sicher und deterministisch angesprochen.
  • Unternehmen können Agenten zentral verwalten, freigeben, einschränken oder deaktivieren.

Kurz gesagt: Agent 365 ist das neue Control Center für den KI-Betrieb in der Steuerkanzlei.

Warum ist das für Steuerberater so relevant?

Steuerkanzleien arbeiten mit wiederkehrenden, prüfbaren, datenintensiven Prozessen. Genau diese Prozesse lassen sich mit Agenten enorm effizient abbilden.

1. Automatisiertes Mandanten-Onboarding

Ein Agent sammelt Erstinformationen, verschickt Unterlagen, legt Ordnerstrukturen an und plant Termine – vollständig integriert in Outlook und Teams. Das reduziert Rückfragen und beschleunigt den Onboarding Prozess neuer Mandanten.

2. Erstellung von Schriftstücken und Vorlagen

Über den Word-MCP Server generieren Agenten standardisierte Dokumente: Mandantenbriefe, Jahresabschluss-Begleittexte, Checklisten oder Beratungsprotokolle. Weniger Copy & Paste, mehr Zeit für die eigentliche Beratung.

3. Fristen- und Aufgabenüberwachung

Agenten überwachen Vorgänge, scannen E-Mails nach relevanten Hinweisen und eskalieren automatisch an das Team. Fehler werden unwahrscheinlicher, der Überblick bleibt erhalten, der Mandatenservice steigt.

4. Mandanten-Self-Service

Im Mandantenportal beantwortet ein Agent Rückfragen, sortiert Dokumente korrekt ein und bereitet Informationen für die Kanzlei auf. Mandanten erleben einen modernen Service, die Kanzlei wird spürbar entlastet.

5. Proaktive Beratung

Agenten analysieren Kennzahlen, finden Auffälligkeiten und schlagen Themen für Jahresgespräche vor. So entsteht proaktive Beratung, ohne dass jeder Einzelfall manuell vorbereitet werden muss.

Das häufigste Missverständnis: „Das probieren wir mal eben aus“

Viele Kanzleien sehen solche Ankündigungen und denken:

„Dann bauen wir uns schnell einen Agenten für unser Onboarding.“

Die Realität sieht anders aus: Keiner dieser Use Cases funktioniert in der Praxis, wenn das Fundament nicht stimmt.

Ohne M365-Grundstruktur ist Agent 365 nutzlos

Damit Agenten sicher mit Daten arbeiten können, braucht eine Steuerkanzlei mehr als nur eine Copilot-Lizenz. Es geht um eine saubere, durchdachte Microsoft-365-Infrastruktur und Governance.

  • Saubere Mandantenstruktur in Microsoft 365.
  • Entra-Identitäten für Mitarbeitende, Externe und Dienste – sauber getrennt.
  • Zugriffskonzepte nach dem Least-Privilege-Prinzip und passend zur Mandantenstruktur.
  • SharePoint-Architektur, die logisch, mandantenorientiert und rollenbasiert aufgebaut ist.
  • Data-Governance-Policies (Retention, Sensitivity Labels, DLP, Audit).
  • Dokumentierte Prozesse, die sich überhaupt automatisieren lassen.
  • Sicherheits- und Compliance-Niveau, das DSGVO, § 203 StGB und Berufsrecht trägt.

Ohne ein funktionierendes M365-Ökosystem ist Agent 365 wie ein Sportwagen ohne Motor: beeindruckend auf dem Papier, aber nicht fahrbereit.

Was Steuerkanzleien jetzt tun sollten

Bevor man Agents baut oder Copilot-Automatisierungen ausprobiert, braucht es das, was in jeder Kanzlei zuerst erledigt werden muss: das Fundament.

  1. Tenant-Assessment
    Analyse des bestehenden Microsoft-365-Tenants: Struktur, Sicherheit, Lizenzen, Schatten-IT, Risiken.
  2. Governance-Framework
    Definition von Rollen, Rechten, Verantwortlichkeiten und Freigabeprozessen für KI und Automatisierung.
  3. SharePoint-Architektur
    Mandanten- und Teamstrukturen, Bibliotheken, Berechtigungen, Naming-Konventionen.
  4. Compliance & Datenschutz
    Abgleich mit DSGVO, berufsrechtlichen Pflichten und internen Richtlinien inklusive Dokumentation.
  5. Standardisierte Prozesse
    Erst definieren, dann automatisieren: Onboarding, Jahresabschluss-Workflows, Kommunikation, Fristenmanagement.
  6. Schulung des Teams
    Mitarbeitende müssen verstehen, wie M365, Copilot und später Agents funktionieren – fachlich und organisatorisch.

Fazit: Erst das Fundament, dann die Agents

Agent 365 ist der größte technologische Schritt für moderne Steuerkanzleien seit der Einführung von Microsoft 365. Doch ohne ein solides, korrekt aufgebautes M365-Fundament bleibt das Potenzial ungenutzt.

Wer heute seine Infrastruktur, Governance und Prozesse sauber aufsetzt, legt den Grundstein dafür, 2026/2027 echte KI-Automatisierung in der Steuerberatung zu nutzen – sicher, skalierbar und gesetzeskonform.

Die Kanzleien, die jetzt strukturiert aufbauen, werden die Gewinner des KI-Zeitalters sein. Alle anderen verzetteln sich in Experimenten.

Updated on

Leave a comment

Please note, comments need to be approved before they are published.

Ihre Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Ihre Anmeldung war erfolgreich.

More interesting offers

... is available in our online shop