Digitalisierung blockiert durch Partnerstrukturen? – Warum Steuerkanzleien neue Entscheidungsmodelle brauchen
In kaum einer anderen Branche erleben wir aktuell so deutlich wie in Steuerkanzleien, dass Digitalisierung und Automatisierung nicht mehr eine Option sind, sondern zur Pflichtaufgabe werden. Die Anforderungen steigen: Mandanten erwarten digitale Kommunikation, die Finanzverwaltung zieht mit E-Rechnung und Plattformmeldungen die Zügel an, Mitarbeiter wollen moderne Arbeitsumgebungen, und gleichzeitig kämpfen Kanzleien mit Fachkräftemangel und Kostendruck.
Die gute Nachricht: Wer hier klug investiert, kann kurzfristig spürbare Entlastungen schaffen – und mittelfristig enorme Effizienzgewinne realisieren. Prozesse, die bisher Tage in Anspruch nehmen, lassen sich auf Stunden oder gar Minuten reduzieren. KI-gestützte Systeme, digitale Kollaborationsplattformen und automatisierte Buchungsprozesse machen dies möglich.
Doch in der Praxis stoßen wir immer wieder auf ein erstaunliches Hindernis: die Partnerstruktur selbst.
Das Dilemma der Partnerstruktur
Gerade kleinere und mittlere Kanzleien sind traditionell als Partnerschaften organisiert. Das bedeutet:
- Jeder Partner hat ein Mitspracherecht.
- Viele Entscheidungen werden nur mit Mehrheit oder sogar einstimmig getroffen.
- Einen klassischen „Managing Partner“ wie in großen Wirtschaftskanzleien gibt es selten.
Das führt zu einem bemerkenswerten Paradoxon: Alle erkennen den Bedarf an Digitalisierung, alle wissen, dass es ohne technologische Anpassung nicht weitergeht – aber Investitionen scheitern an strukturellen Hürden.
Beispiel: Ein Berater schlägt der Kanzlei ein „Quick Win“-Projekt vor – Einführung eines E-Rechnung-Tools oder Automatisierung von Zahlungseingängen. Kostenpunkt: wenige tausend Euro. Nutzen: sofortige Entlastung und Effizienzsteigerung. Doch die Entscheidung bleibt liegen, weil kein Konsens gefunden wird.
Warum gerade Steuerkanzleien hier blockieren
- Perfektionismus und Risikoaversion: Steuerberater wollen Fehler vermeiden – und blockieren deshalb Innovationen.
- Fehlende Zuständigkeiten: Es gibt selten einen CTO oder Digitalisierungsleiter.
- Traditionelle Governance: Partnerschaften sind auf Konsens gebaut – nicht auf Geschwindigkeit.
Das Problem ist also nicht fehlendes Geld oder fehlender Wille – sondern fehlende Entscheidungsmechanismen.
Was andere Branchen längst gelöst haben
Industrieunternehmen, Krankenhäuser und Start-ups kennen dieses Problem – und haben es gelöst: durch klare Ressorts, Geschäftsführer mit IT-Zuständigkeit oder agile Entscheidungsmodelle. Steuerkanzleien brauchen einen ähnlichen Ansatz.
Konkrete Lösungsvorschläge
- Einführung eines „Digitalisierungspartners“: Ein Partner erhält ein eigenes Mandat und darf bis zu einem bestimmten Budget frei entscheiden.
- Änderung des Gesellschaftsvertrages: Investitionen bis z. B. 25.000 EUR pro Jahr dürfen ohne Gesamtbeschluss erfolgen.
- Bestellung eines „Kanzlei-Managers Digitalisierung“: Externe Manager mit Projektmandat treiben Veränderungen voran.
- Ad-hoc-Beschlüsse per Umlauf oder Digital-Voting: Entscheidungen dürfen nicht mehr monatelang liegen bleiben.
- Verbindliche Roadmap: Eine klare Strategie mit Quick Wins und Meilensteinen schafft Orientierung.
Muster: Ergänzung zum Gesellschaftsvertrag
§ X Digitalisierung und Zukunftsfähigkeit (1) Die Gesellschafterversammlung bestellt aus ihrer Mitte einen „Digitalisierungspartner“. (2) Der Digitalisierungspartner ist ermächtigt, eigenverantwortlich Investitionen und Maßnahmen, die der Digitalisierung, Automatisierung und Zukunftsfähigkeit der Kanzlei dienen, bis zu einem Betrag von 25.000 EUR pro Geschäftsjahr zu tätigen. (3) Investitionen, die diesen Betrag überschreiten, bedürfen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. (4) Der Digitalisierungspartner berichtet den Gesellschaftern mindestens quartalsweise über die getroffenen Maßnahmen und deren Wirkung.
Fazit: Wer jetzt handelt, hat die Nase vorn
Die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung macht deutlich: Steuerkanzleien, die weiter im Konsens-Modus verharren, riskieren den Anschluss. Es sind nicht die hohen Kosten, die Digitalisierung verhindern – sondern die Langsamkeit der Entscheidungsprozesse.
Die Lösung liegt darin, den Mut zur Delegation aufzubringen: ein Digitalisierungspartner oder Kanzleimanager bündelt Verantwortung, Gesellschaftsverträge schaffen Rechtssicherheit, klare Budgets ermöglichen schnelle Quick Wins.
So wird aus einer blockierenden Partnerstruktur eine zukunftsfähige Kanzlei, die Effizienzgewinne realisiert, Kosten spart – und im Wettbewerb vorne bleibt.
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