Kontool & Co – warum Business Intelligence Plattformen in der Fabric-Ära überflüssig werden

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Kontool & Co – warum Business Intelligence Plattformen in der Fabric-Ära überflüssig werden

Vom Kanzlei-Cockpit zur Datenplattform: Wie sich Business Intelligence neu definiert

In den letzten Jahren hat sich ein ganzer Markt rund um sogenannte „Business-Intelligence-Cockpits“ und „Kanzlei-Dashboards“ entwickelt. Tools wie Kontool und vergleichbare Plattformen sollten eine Brücke schlagen zwischen Kanzleisoftware, Buchhaltungsprogrammen und dem Management der Mandanten. Sie versprachen, Daten aus verschiedenen Quellen zu bündeln, automatisch auszuwerten und über verständliche Dashboards bereitzustellen.

Der Gedanke war bestechend: Statt komplexe Datenmodelle selbst aufzubauen, sollten Steuerkanzleien oder Unternehmen auf fertige Cockpit-Lösungen zugreifen können – inklusive Kennzahlen, Vergleichsanalysen und grafischer Aufbereitung.

Diese Idee hatte in ihrer Zeit ihre Berechtigung. Doch die technischen Rahmenbedingungen haben sich grundlegend verändert. Mit Microsoft Fabric und der nahtlosen Integration von Power BI, OneLake und Data Pipelines entsteht heute eine vollständig integrierte Datenarchitektur, die viele Funktionen dieser Zwischenplattformen schlicht überflüssig macht.

Das Versprechen der Cockpit-Plattformen

Kontool & Co bieten im Kern immer dieselbe Leistungsstruktur: vorkonfigurierte Schnittstellen zu typischen Quellsystemen, eine ETL-Logik zur Datenaufbereitung, eine semantische Schicht mit Kennzahlen und Standardmodellen sowie Dashboards für das Reporting. Ergänzt werden diese Funktionen häufig durch Benutzer- und Mandantenverwaltung, Export-Funktionen oder automatisierte Reports.

Zu den bekanntesten Anbietern in diesem Umfeld zählen neben Kontool beispielsweise CCH KPI Monitoring von Wolters Kluwer, Jedox, LucaNet, Tagetik und Pentaho. Einige von ihnen stammen aus der Welt des Finanz- und Konzernreportings, andere richten sich gezielt an Steuerkanzleien oder Mittelständler. Gemein ist allen: Sie versuchen, den komplexen Weg von der Buchung bis zum Dashboard zu vereinfachen – meist, indem sie Daten außerhalb der Primärsysteme zwischenspeichern und über eigene Cloud-Umgebungen visualisieren.

Der Wandel durch Microsoft Fabric

Diese Architektur war sinnvoll, solange kein einheitliches Framework existierte, das Datenerfassung, Transformation, Modellierung und Reporting in einer Plattform vereint. Doch genau das hat sich mit Microsoft Fabric geändert. Fabric bringt alle klassischen BI-Bausteine – Data Factory, Data Lake, Warehouse, Real-Time Analytics und Power BI – unter einem Dach zusammen.

Damit verschwindet der zentrale Grund, warum man überhaupt eine externe „Cockpit-Plattform“ benötigte. Daten aus Addison, DATEV, BMD oder Lexoffice können direkt in Fabric eingespeist, dort modelliert und unmittelbar in Power BI visualisiert werden – inklusive Mandantenfreigaben, Row-Level Security und Einbindung in Entra ID.

Während Kontool & Co also eine zusätzliche Schicht einziehen, um Daten zu verarbeiten und darzustellen, läuft in Fabric alles innerhalb eines konsistenten Microsoft-Ökosystems: vom Import über Governance bis hin zur Bereitstellung für Mandanten. Damit entfallen doppelte Datenhaltungen, Lizenzkosten und potenzielle Datenschutzrisiken.

Einheitliche Architektur statt Zwischenebene

Auch die semantische Schicht – also das Herzstück der Kennzahlenlogik – lässt sich inzwischen direkt in Power BI verwalten. Measures, Hierarchien und KPIs werden zentral definiert und versioniert, ohne proprietäre Zwischenmodelle. Selbst Mandantenfreigaben lassen sich über Azure-AD-Berechtigungen granular steuern.

Der Unterschied zeigt sich auch wirtschaftlich: Früher mussten BI-Systeme teuer implementiert, lizenziert und gewartet werden. Heute entstehen mit Fabric skalierbare Lösungen, die sowohl kleinere Kanzleien als auch große Verbünde effizient abbilden. Wo früher drei bis vier Systeme zusammenspielten, reicht nun eine durchgängige Architektur.

In der Praxis bedeutet das: Sobald Daten aus der Kanzleisoftware direkt an Fabric angebunden sind und Dashboards über Power BI bereitgestellt werden, bleibt für Kontool & Co kaum noch ein sinnvoller Platz in der Wertschöpfungskette. Die einstige Stärke – die Integration heterogener Datenquellen – wird in modernen Umgebungen zur Schwäche, weil sie Redundanzen schafft und Datenhoheit an Dritte abgibt.

Datenschutz und Datenhoheit als Argument gegen zusätzliche Plattformen

Jede zusätzliche Plattform erhöht den Aufwand bei Datenschutz, Sicherheit und Governance. Eine Lösung wie Kontool fungiert zwangsläufig als Auftragsverarbeiter mit Zugriff auf unternehmens- oder mandantenbezogene Daten. In einer Umgebung, in der alle Daten ohnehin innerhalb des Microsoft EU Data Boundary liegen und mit Purview, Priva und Fabric Governance verwaltet werden, ist das weder technisch noch rechtlich vorteilhaft.

Auch aus Sicht der Kanzleiorganisation sprechen viele Argumente für die Konsolidierung auf eine Plattform. Wenn Datenhaltung, Rechteverwaltung, Verschlüsselung und Mandantentrennung vollständig im Microsoft-Stack erfolgen, entfallen Schnittstellenprobleme und Compliance-Risiken.

Wo Kontool & Co noch eine Rolle spielen könnten

Natürlich gibt es Nischen, in denen solche Plattformen weiterhin sinnvoll sein können. Etwa dann, wenn Kanzleien keine eigene Microsoft- (Cloud-) Infrastruktur nutzen, wenn branchenspezifische Benchmarkdaten aus einem großen Pool angeboten werden, oder wenn vorkonfigurierte Dashboards mit Interpretation geliefert werden sollen. Auch der Schulungs- und Beratungsaspekt kann für kleinere Kanzleien relevant bleiben.

Doch der Kernnutzen als technische Zwischenebene schwindet rapide. Der Markt dürfte sich in den kommenden Jahren deutlich konsolidieren. Plattformen wie Kontool werden sich neu positionieren müssen – entweder als Service-Layer, der Power BI-Templates, Branchenmodelle oder Beratungsleistungen anbietet, oder sie verschwinden schlicht, weil die Funktionen vollständig in Fabric und Power BI aufgehen.

Fazit: Wenn Fabric läuft, ist Kontool überflüssig

„Wenn Fabric läuft, ist Kontool im Grunde überflüssig – nicht, weil die Idee falsch war, sondern weil sie technologisch überholt ist.“

Die Entwicklung folgt einem klaren Muster: Früher lösten spezialisierte Tools Einzelfunktionen, heute entstehen durchgängige Datenplattformen. Was einst mit „praktischen Cockpits“ begann, endet in integrierten Data-Driven-Environments, in denen Analyse, Steuerung und Visualisierung Teil desselben Systems sind.

Zwischenplattformen verlieren ihre Daseinsberechtigung, sobald Daten nahtlos fließen, Governance automatisiert erfolgt und Dashboards direkt dort entstehen, wo die Wahrheit der Daten liegt: im zentralen Data Lake.

Das bedeutet nicht das Ende der Beratung, wohl aber das Ende der proprietären BI-Zwischenschicht. In einer Zeit, in der Mandanten Echtzeit-Einblicke erwarten, müssen Steuerberater und Kanzleien die Kontrolle über ihre Datenströme behalten – und das gelingt heute besser mit einer konsistenten Microsoft-Architektur als mit einer zusätzlichen Plattform dazwischen.

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